Mit offenen Augen

Mit offenen Augen

Bei einer Führung durch den Bunten und Botanischen Garten lernen die Gäste nicht nur über Bäume und Blumen etwas – auch Anekdoten, Mystisches und Kunstgeschichte kommen nicht zu kurz.

Ein Spaziergänger gesellt sich zu der Gästeführung im Bunten Garten: „Was ist das?“, fragt er Stadtführerin Sylvia Bradtmöller beim Anblick eines Metallstückes im Boden. Die hat die Antwort parat: „Das ist das Kunstwerk ’Bodenaustausch’ von Vaago Weiland“, sagt sie und gibt weitere Erklärungen dazu ab. Zehn Neugierige sind gekommen, um bei der Führung der Mönchengladbacher Marketing Gesellschaft durch Gladbachs größten Garten mitzumachen. Die steht unter dem Titel „Die Mythologie der Bäume“, doch Bradtmöller hat noch weit mehr zu erzählen.

Besonders gefallen die Anekdoten aus alter Zeit, als man Pflanzen – je nach Anlass – als Gift- oder Arznei verwendet hat. Frei nach Paracelsus’ Motto: Die Dosis macht das Gift, erzählt die Gästeführerin so manch skurrile Geschichte. Sehr kurzweilig ist der rund 90-minütige Spaziergang und er führt vorbei an riesigen Bäumen, Stauden und Kräutern. Bradtmöller animiert dazu einmal die Blätter oder die Rinden anzufassen und daran zu riechen. Fast alle Sinne werden dabei angesprochen, die Teilnehmer gehen an diesem Abend wahrlich mit offenen Augen durch den Park.

Auch Susanne Janas gefällt es: „Ich lerne viel Spannendes und Neues“, sagt sie. Wer weiß heute schließlich noch, dass in der Vergangenheit unter Linden auch Recht gesprochen wurde? Oder dass der Platz des jetzigen Rosenbeetes einst ein Brunnen war? Bradtmöller ist nicht nur firm in Botanik, sondern auch in Stadtgeschichte, und sie berichtet so Einiges aus den Anfängen der Anlage.

Weiter geht es vorbei an Bienennisthilfen, am Blindentastgarten, an alten Grabstätten, großen Mühlsteinen und an modernen Skulpturen. Macks Stele an der Kaiser-Friedrich-Halle ist nicht zu übersehen, aber manch anderes Kleinod ist gut versteckt. Gerade die moderne Kunst lässt manchen ins Grübeln geraten: Nicht alles ist so augenscheinlich und erklärbar wie Sandra Robertz’ „Erdkugel“ zum Ende des Rundganges. Bradtmöller freut sich: „Die ist Gott sein Dank noch nie beschädigt worden.“ Wo die schwebende Pyramide nach dem letzten Sturm abgeblieben ist, das kann auch sie nicht sagen. Aber auf die meisten Fragen hat sie eine Antwort. Den Teilnehmern gefällt es, der ein oder andere will eine weitere Führung, etwa die über die Färberpflanzen, mitmachen. „Ohne die kundige Begleitung läuft man an manch Wissenswertem vorbei“, sagt Janas. Und so hätte sie den Kuchenbaum, der im Herbst nach Spekulatius riecht, wahrscheinlich alleine auch nicht gefunden.

(StadtSpiegel)