Hommage ohne Allüren

Hommage ohne Allüren

Im Schulchor war sie einst „gut gelitten“, sagt Linda Godry. Heute unterhält sie (fast) im Alleingang ihr Publikum – mit Charme, Humor und immer neuem Repertoire.

Einsingen? Brauche sie nicht, versichert Linda Godry. „Ich sing’ ja nicht die ’Königin der Nacht’. Außerdem, Reden macht auch die Stimme locker“, erklärt sie augenzwinkernd. „Bin heute heiser. Macht aber nichts.“ Linda Godry lacht und ist, fünfzehn Minuten vor ihrem Auftritt, die Ruhe selbst. Im schwarzgrundigen, mit großen Blumen gemusterten Kleid, Ohrclips in Pink und passend geschminkten Lippen ist die 66-jährige Sängerin ein Hingucker. „Service fürs Publikum, dass man nach was aussieht“, bedankt sich die Rheydterin fürs Kompliment, während sie nach ihrem Pianisten Ausschau hält. „Wie ich zur Musik gekommen bin? Klassischer Fall! Immer viel gesungen, außerdem bin ich das jüngste von vier Kindern – die zeigen sich ja gern vor Publikum“, erinnert sie sich amüsiert. „Und ja, im Schulchor war ich gut gelitten... später hab’ ich immer mal wieder Stunden genommen, bei Ingeborg Müller, der Rheydter Institution“, blickt Linda Godry auf ihre Zeit der Operettenplatten zurück.

„Melodien halten können und Leidenschaft, immer wieder Leidenschaft“ – umschreibt Linda Godry, von Beruf Bibliothekarin, ihr Dranbleiben als Sängerin. Seit einem Jahr ist sie Mitglied im Extrachor im Theater Mönchengladbach/Krefeld: „Die suchten Verstärkung für die Benjamin Britten-Oper ’Peter Grimes’“, berichtet Linda Godry, die auch schon als Solistin bei der „Langen Kulturnacht“ aufgetreten ist, im TiG und auch über die Grenzen Gladbachs hinaus.

Verbunden fühlt sie sich auch dem Mönchengladbacher Erzählcafé, in dessen Rahmen sie heuer im Curanum Seniorenzentrum Lindenhof singt. Auf dem Programm – Katrin Haufe, Leitung betreuender Dienst, kündigt es an – eine Hommage an Udo Jürgens unter dem Motto „Mit 66 Jahren“. „Passt doch“, schmunzelt Linda Godry, bevor sie sich zum weißen Klavier begibt, an dem (Linda Godry liebt nicht nur Geschichte, sondern auch Geschichten) jetzt Heinz Reichel sitzt, ihr Physiklehrer von einst. Das eingespielte Team taucht ein in ein mehr als 1 000 Kompositionen umfassendes Werk: „Ein ehrenwertes Haus“, „Der Teufel hat den Schnaps gemacht“, „17 Jahr, blondes Haar“... „Sachen, die man lange nicht gehört hat“, freut sich eine Besucherin und beweist Textkenntnis beim Mitsingen. Linda Godry freut sich über die große Runde im Saal und deren gute Stimmung: „Ja, griechischer Wein kommt auch noch – nach der Pause!“, verspricht sie.

Kurz verschnaufen, ein Schluck aus dem Teeglas: „Läuft gut“, sagt Linda Godry zufrieden und überlegt: „Udo Jürgens schwer zu singen? Ja, doch, anspruchsvoll, die Texte sind oft verschachtelt. Ich hab’ mir viele seiner Auftritte auf Youtube angeguckt, prima zum Üben“, schmunzelt sie. Nicht lange nachdenken muss die sympathische Sängerin über das, was ihr die Auftritte selber geben: „Ich weiß zum Beispiel, dass eine Dame im Altenheim, die ihr Zimmer praktisch nie verlässt, bei meinen Konzerten immer dabei ist. Was will man mehr?“

(StadtSpiegel)