Lieder aus Lettland

Lieder aus Lettland

Ramtai – das sind etwa 15 Männer und Frauen, die sich jeden Sonntag im Pfarrheim der Friedenskirchengemeinde in Eicken treffen, um zu singen.

Für das gemeinsame Singen nehmen sie teilweise über 100 Kilometer Fahrtweg auf sich und das hat einen besonderen Grund: die Sängerinnen und Sänger von Ramtai stammen aus Lettland, leben aber seit geraumer Zeit in Deutschland. Obwohl sie sich in Deutschland wohl fühlen und die Sprache sprechen oder lernen, ist es für sie einfach schön, gemeinsam ein Stückchen „alte Heimat“ zu finden und ihre Wurzeln nicht zu vergessen. Die Teilnehmer kommen nicht nur des Gesangs wegen, auch der Austausch untereinander ist ihnen wichtig.

Mara Vilcane aus Mülheim wie auch die Viersenerin Vineta Spule sind durch das letttische Facebook-Pendant draugiem.lv („Freunde“) auf den Chor aufmerksam geworden, haben Kontakt mit Chorleiterin Nadina Jestela aufgenommen und sind seit Gründung im März 2015 dabei. Maria Schmelzer ist Deutsche, sie entdeckte eine winzige Zeitungsanzeige des Chors auf der Suche nach Mitstreitern, kam, sang und blieb. „Ich mag die lettische Mentalität, so bodenständig und natürlich. Alle haben mich herzlich aufgenommen, die Lieder klingen wunderbar – es macht einfach Freude, auch wenn ich nicht alles verstehe“, erzählt sie begeistert.

Aldana Droeges Geschichte hingegen steht für die große Zahl der Letten, die nach Kriegsende ins Land gekommen sind. Ihr Vater hatte auf deutscher Seite gekämpft und konnte, wie viele seiner Landsleute, nach der Kriegsgefangenschaft aus Angst vor Deportation nicht mehr in die lettische Heimat zurückkehren. Die Rentnerin erinnert sich noch an ihre Kinderzeit, als die Kaiser-Friedrich-Halle bei Treffen der lettischen Landsleute zum Bersten gefüllt war, ganz im Gegensatz zu heute. „Bei Ramtai singen wir traditionelle Volkslieder, einige in lettischen Dialekten, aber auch moderne Chorlieder“, erklärt Konzertmeisterin Nadina Jestela. Besungen werden in den Volksliedern (Dainas) alle Facetten des Alltagslebens und das ist aufgrund der lettischen Geschichte vor allem das Leben der Bauern. Es geht um scheinbar Unspektakuläres: Um Haus und Hof, Saat und Ernte, aber auch um Liebe und Trauer, Götter und vieles mehr.

Volkslieder haben in Lettland auch im Industriezeitalter nicht an Bedeutung verloren. Bester Beweis ist der als „Singende Revolution“ in die Geschichte eingegangene, gewaltfreie Unabhängigkeitskampf der baltischen Staaten im Jahr 1991.

(StadtSpiegel)