So „Retro“ kann Science Fiction sein

So „Retro“ kann Science Fiction sein

Blade Runner 2049 schickt den Zuschauer mit großartigen Bildern und einem Soundtrack, der sofort in die Glieder fährt, zurück in eine Zukunft, die erstaunlich Retro ist.

In einem Los Angeles, das von einer konstanten Smogglocke, die alles in trüb-düsteres, undurchdringliches Zwielicht taucht, umhüllt ist, geht Officer K (Ryan Gosling, „La La Land“, „Drive“) seinem Job nach, Replikanten zu „pensionieren“ (sie zu töten), ganz wie Rick Deckard (Harrison Ford, „Indiana Jones“, „Star Wars“) dies bereits 30 Jahre vor ihm tat. Der Unterschied: K ist selbst ein Replikant. Allerdings ein Modell der neuen Generation, die vom Industriellen Niander Wallace (Jared Leto, „Dallas Buyers Club“, „Suicide Squad“) entwickelt wurde und mit unbedingtem Gehorsam und einer begrenzten Lebensspanne ausgestattet ist.

Seit den Geschehnissen des ersten Blade Runner Films ist es zu einem mysteriösen Blackout gekommen, der sämtliche digitalen Daten der Welt ausgelöscht hat. Las Vegas ist durch radioaktiven Fallout unbewohnbar geworden, San Diego dient als überdimensionale Müllkippe.

Ein „Pensionier“-Auftrag bringt K auf die Spur eines Geheimnisses, das die Grundfesten der Zivilisation erschüttern könnte. Gleichermaßen lässt es K an seiner eigenen Realität zweifeln, lässt ihn seine Existenz als Replikant hinterfragen und führt ihn auf eine Mission, die ihn schlussendlich mit Harrison Fords Deckard zusammenbringt.

Blade Runner 2049 hat mich – im Gegensatz zum Film von 1982 – von der ersten bis zur letzten Minute absolut gefangen genommen. Diese düstere Zukunftsvision, die nichts mit den auf Hochglanz polierten SciFi-Abenteuern der vergangenen Jahre gemein hat, brilliert mit Referenzen an unsere Konsumwelt und den original Blade Runner-Film. Werbehologramme von Atari und Pan Am etwa sind eine der wenigen Lichtquellen, die durch den Smog L.A.’s dringen. Das durchdringende Dröhnen der Motoren verschmilzt mit überbordenden Synthesizer-Klängen zu einem Soundtrack, der mal nach Ruß, Dreck und Maschinen, mal ätherisch-bedrohlich klingt. Er fährt direkt in die Magengrube, alle Härchen auf den Armen stellen sich auf.

Regisseur Denis Villeneuves („Arrival“) Auge für visuell überwältigende Szenerien verleiht der Odyssee von Goslings Officer K monumentalen Charakter. Wie im Original von 1982 stellen sich auch hier Fragen wie „Wie definiert sich ein Mensch?“, „Wie steht Erschaffer/Gott zu Replikant/Mensch?“ Etwa nach der Hälfte des Films scheint man den Antworten auf die Schliche gekommen zu sein. Dass dem letztendlich nicht so ist, ist eine der großen Stärken des Films, macht die Story um Officer K, Deckard und die Welt, in der sie leben, umso ambivalenter.

Blade Runner 2049 ist ein Fest für die Sinne, das nicht nur Cineasten mitreißt. Besonders auf ganz großer Leinwand und mit gutem Soundsystem bietet er 160 Minuten absoluten Filmgenuss.

(StadtSpiegel)