Diesem Puzzle fehlen so einige Teile

Diesem Puzzle fehlen so einige Teile

Michael Fassbender scheint sein Händchen für gute Filme verloren zu haben. Nach „Assassin’s Creed“ und „Alien: Covenant“ lässt auch „Der Schneemann“ mehr als zu Wünschen übrig.

Skandinavische Krimis und Thriller sind seit Jahren nicht mehr aus den Bestsellerlisten wegzudenken. Auch im Fernsehen laufen diverse Formate erfolgreich. Auf die große Leinwand hingegen hat es bisher nur eine mäßige Stieg Larsson-Verfilmung geschafft. „Der Schneemann“, basierend auf der Inspektor Hole-Reihe von Jo Nesbo, sollte nun der Auftakt zu einer groß angelegten Filmreihe werden. Ob dieser Plan weiter verfolgt wird, wage ich stark zu bezweiflen.

Die Zutaten von „Der Schneemann“ sind eigentlich vielversprechend: die Handlung spielt sich vor der Kulisse des imposant verschneiten Norwegens ab, ein eigenbrötlerischer Kommissar mit übereifriger Partnerin versuchen einen Entführer/Mörder zu fassen, dessen Methoden so faszinierend wie krank sind. Die Fragezeichen beim Zuschauer beginnen jedoch schon bei der Figur des Inspektor Harry Hole (Michael Fassbender, „Shame“, „X-Men“). Es bleibt völlig unklar, warum er nun solche Alkoholprobleme hat, lieber für sich ist und warum er so paranoid ist, dass er fast den Handwerker in der eigenen Wohnung erschießt.

Holes Partnerin Katrine Bratt (Rebecca Ferguson, „Life“, „The White Quen“) wiederum verkommt, wenn auch überraschend, zum schlichten Plot Device – hier muss man der Story zumindest zu Gute halten, dass Dummheit wenigstens bestraft wird.

Die Kunst eines Krimis ist, ein so cleveres Netz von Verdächtigen und Hinweisen zu spinnen, dass der Zuschauer im besten Fall bis zum Schluss nicht weiß, wer der Täter ist. Dann aber, mit der Lösung in der Hand, das Puzzle zusammensetzen kann. „Der Schneemann“ überrascht zwar mit der Enthüllung des Täters, besticht allerdings primär dadurch, dass absolut nicht nachvollziehbar ist, warum der Täter was, wie und wann getan hat.

Man erhält kaum Informationen, wie sich die Puzzleteile zum Ganzen fügen sollen und der Showdown am Ende – und letztlich auch der Film – sind dann so abrupt vorbei und in Teilen schon fast unfreiwillig komisch, dass man verwirrt und mit vielen Fragezeichen zurückbleibt. Filme müssen nicht alles erklären, bei Gott nicht, aber die Protagonisten sollten mehr sein als Schablonen und die Story selbst sollte nachvollziehbar bleiben.

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Einerseits scheint „Der Schneemann“ den Zuschauer für minderbemittelt zu halten, wenn Hole die Nachricht des Mörders inklusive Strichmännchen-Schneemann neben den echten Schneemann hält oder ein Song an zwei so markanten Punkten der Geschichte gespielt wird, dass nur noch der blinkende Neonpfeil fehlt. Andererseits wird vieles einfach so, gänzlich ohne Zusammenhang, eingeworfen, so dass man sich, vor allem am Ende, fragt, was dieser oder jener Handlungsstrang jetzt eigentlich sollte.

Der Film wirkt an vielen Stellen bruchstückhaft, unfertig und wenig bis gar nicht durchdacht. Ob das nun an der literarischen Vorlage, am schlechten Script oder, wie Regisseur Tomas Alfredson als Entschuldigung anführt, an der zu geringen Drehzeit, die man in Norwegen zur Verfügung hatte, liegt, sei dahingestellt. Selten habe ich gesehen, wie ein so hervorragender Cast, der bis in die kleinste Nebenrolle hervorragend besetzt ist (Toby Jones, J.K. Simmons, Charlotte Gainsbourg, Chloe Sevigny, Val Kilmer), so verschwendet wird.

Als einzelne Folge einer TV-Serie über die Jo Nesbo-Romane hätte „Der Schneemann“ funktionieren können, aber selbst dann hätte man das Script radikal überarbeiten müssen. Für die große Leinwand ist dieser Hole auf jeden Fall nicht gemacht. Schade. Schade für die Zuschauer und schade vor allem für Fassbender, der sich – wie auch schon bei „Assassin’s Creed“ – sicherlich ein anderes Ergebnis erhofft hätte.

(StadtSpiegel)