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Gibt es eine Raser-Szene?

Gibt es eine Raser-Szene?

Nachdem bei einem Autorennen auf der Fliethstraße am Freitag ein Fußgänger überfahren wurde und starb, laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. Der Fahrer sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft.

Die letzte Minute vor dem Zusammenprall des schwarzen Seat Cupra mit dem 38-jährigen Alexander H. sind schon recht gut rekonstruiert. An der Ampel Theodor-Heuss-Straße / Rathenaustraße stehen vier Autos. Auf der linken Geradeausspur ein dunkler Kombi, dahinter der schwarze Seat. Auf der rechten Geradeausspur ein roter Golf GTI, getunt. Auf der Rechtsabbiegerspur ein silberner Seat Ibiza. Die Ampel springt auf Grün, die Autos fahren an. Der silberne Seat biegt nicht ab, sondern zieht nach links, eröffnet das Rennen. Der Fahrer des Kombi, der nicht in Verdacht steht, am Rennen beteiligt gewesen zu sein, wird immer noch dringend gebeten, sich bei der Polizei zu melden, um eine Aussage zu machen.

Die drei Autos jagen davon. Wenige Sekunden, bevor sich Alexander H. anschickt, die Fahrbahn zu überqueren, geht ein anderer Mann über die Straße. Er hört die heulenden Motoren, blickt auf und sieht die drei Autos auf sich zukommen. Alexander H. hat die Chance nicht mehr. Er wird von dem schwarzen Seat erfasst, der sich im Gegenverkehr befindet, fliegt 36 Meter durch die Luft und wird dann unter einem geparkten Auto eingeklemmt. Er stirbt noch an der Unfallstelle an seinen Verletzungen.

Der Fahrer des schwarzen Seat, der 28-jährige Manuel S. aus Schwalmtal wird zunächst mit zur Wache genommen, später aber freigelassen. Am Samstagmorgen nimmt eine 17-köpfige Ermittlungskommission unter der Leitung von Ingo Thiel die Arbeit auf. Schnell ist die Bewertung da, dass es sich bei der Tat um einen Mord handeln könnte. Manuel S. und der Golffahrer (22) werden am Sonntagnachmittag festgenommen, der Fahrer des silbernen Ibiza (25) stellt sich zeitgleich in Begleitung eines Anwalts. Alle drei sind noch nie polizeilich in Erscheinung getreten.

Für Staatsanwalt Stefan Lingens ist es der erste derartige Fall. Seine Auffassung sei aber nicht erst durch das Urteil aus Berlin, wo beide Teilnehmer eines Rennens mit tödlichem Ausgang wegen Mordes verurteilt worden sind, klar: „Das ist ein Tötungsdelikt.“ Als Mordmerkmal wertet er das „gemeingefährliche Werkzeug“ – das Auto, das mit dieser Geschwindigkeit um diese Tageszeit zur Waffe wird. Wer ein Auto so benutze, nehme zumindest billigend den Tod eines Menschen in Kauf.

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Eine Raser-Szene allerdings, die gebe es in Mönchengladbach nicht, erklären Kommissionsleiter Thiel und der Direktionsleiter Gefahrenabwehr/Einsatz, Thomas Dammers, übereinstimmend. „Wir haben eine Tuner-Szene, aber keine Raser-Szene“, sagt Dammers. Treffen an einem Schnellrestaurant an der Korschenbroicher Straße, bei dem sich die Besitzer gegenseitig ihre Autos zeigten, seien bekannt. An diesem Schnellrestaurant hat auch das Rennen am Freitag nach bisherigem Ermittlungsstand seinen Ausgangspunkt. Alle drei Fahrer sollen dort gewesen sein. Ob sie dort miteinander gesprochen haben, sich nur zugenickt haben, oder ob die Verabredung zum Rennen tatsächlich erst an der Ampel erfolgt – das ist Gegenstand der Ermittlungen. Und auch hier sucht die Polizei noch Zeugen.

Zu der Auffassung, es gebe keine Raser-Szene in Mönchengladbach kommt Dammers gestützt auf die Zahlen des Jahres 2016 – nur sechs Prozent aller Ordnungswidrigkeiten seien Geschwindigkeitsübertretungen gewesen, und davon nur ein sehr geringer Teil erheblich, also so, dass es um hohe Bußgelder und Fahrverbote geht. Ein Phänomen wie eine „Szene“ habe man dann, wenn etwas regelmäßig auftrete, erklärt Kommissionsleiter Thiel. Und das sei zumindest bislang nicht der Fall in Mönchengladbach.

(StadtSpiegel)