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Die Blüte im Wolfskostüm

Die Blüte im Wolfskostüm

In unserer Serie „Rosige Zeiten“ widmen wir uns in allen Facetten der Rose. Heute nähert sich Geruchsberater und Extra-Tipp-Mitarbeiter Bodo Kubartz der wohl bekanntesten Blume der Welt.

„Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose“. Das Zitat aus Gertrude Steins „Sacred Emily“ (1913) steht für „Die Dinge sind, wie sie sind.“ Das ist in Bezug auf die Rose oft wahr gewesen. Man ist verleitet, duftspezifisch gleich an Oma, Volumen, Dichte und Schwere zu denken. Die Rose war ein Schaf – leicht zu erkennen, eingängig, eindeutig. Das ändert sich aktuell auf spannende Art und Weise. Zunächst aber zur Rose selbst.

Rosen sind kostbar, haben einen atemberaubenden Wert und eine immense Kraft. Sie werden zumeist in Bulgarien, Iran, Indien, Marokko oder der Türkei angebaut; oft findet dort auch die Extraktion und Verarbeitung des Öls statt. Per Wasserdampfdestillation wird das in den Blüten enthaltene, chemisch äußerst komplexe ätherische Öl gewonnen.

Für einen Liter ätherisches Öl der Damaszenerrose sind durchschnittlich 5 000 Kilo Blüten notwendig. Bedenkt man das Gewicht einer Blüte, kann man sich die notwendigen Mengen vorstellen. Der Wert von Rosenöl ist dementsprechend hoch: Marktabhängig müssen mitunter 3 000 bis 5 000 Euro pro Liter bezahlt werden. Das Öl ist unglaublich stark. Es wird in der Regel in Alkohol aufgelöst (90 Prozent Alkohol, zehn Prozent ätherisches Öl); ihm wird eine harmonisierende und stimmungsaufhellende Wirkung nachgewiesen, und es ist im Handel erhältlich. Dann riecht es eher herb, weniger klassisch-floral und nicht typisch-rosig. Auch das kostbare Rosenwasser, dass bei der Destillation übrig bleibt, hat eine besondere Wirkung. Es kühlt und tonisiert. In Parfüms findet die Rose als naturreines Öl seltener einen Einsatz. Das liegt daran, dass eine Rose bzw. ihre chemischen Bestandteile und olfaktorisch relevanten Komponenten naturidentisch im Labor nachgebaut werden können. Der

günstigere Preis diktiert. Parfümeure aber wissen: Echte Rose in einem Parfüm ist aber viel komplexer als synthetische. Fachleute erkennen „echte Rose“ im Duft. Inwieweit Endverbraucher das zu schätzen wissen und bezahlen möchten, sei aber dahin gestellt.

Letztlich liegt es am Parfümeur, der ein Parfüm in einem künstlerisch-handwerklichen Prozess kreiert, mit welcher Intuition, welchem Briefing und welcher Eigenregie er die Rose im Duft einbauen kann: als klassische zentrale Instanz, als ungewöhnliche Begleitnote, als florales Element. Die Rose kann unterschiedliche Qualitäten und Funktionen in einem Duft haben.

Das erwähnte Zitat von Gertrude Stein ist also gleichsam auch falsch. In der Parfümerie ist Rose wieder im Kommen. Das Klischee der großmütterlichen Schwülstigkeit eines Rosenduftes – extrem blumig, schwer und gerne süßlich – können neu lancierte Parfüms der letzten Jahre durch pfiffige Kombinationen ungewöhnliche Qualitäten entgegen halten. Die geruchliche Dominanz der Rose ist einem geschmackvoll-interessanten Mix gewichen. Mal mit Oud, mal mit Moschus kombiniert, sind viele Kombinationen realisier- und denkbar. Die Rose hat den angestammten Platz verlassen und sich selbst quasi aufgewertet. Nun tritt sie im Wolfskostüm auf und verblüfft – zuweilen sogar Männer. Fragen Sie in der Parfümerie Ihres Vertrauens nach und lassen Sie sich beraten.

(Report Anzeigenblatt)