Der Zeitreisende

Der Zeitreisende

Jürgen Frommhold liebt alte Räder. Mittlerweile hat er über 20 davon. Mit einem NSU-Rad aus dem Jahr 1935 und Anhänger macht er sich nun auf die Reise an den Bodensee - natürlich in Knickerbocker, Weste und Schiebermütze.

Auf seiner Tour sammelt er zudem Geld für Zornröschen.

Aus dem Radio ertönen Klänge der Comedian Harmonists, in der Ecke steht eine wunderschöne alte Chippendale-Couch. Davor steht Jürgen Frommhold in Knickerbocker, West, Fliege und Schiebermütze. Ein wenig fühlt man sich in Opas Zeiten zurückversetzt. „Seit gut einer Woche rasiere ich mich nass, habe dem Dreitagebart Adieu gesagt und lasse mit einen zeitgemäßen Oberlippenbart wachsen“, sagt Frommhold. Letzteres nicht ohne Grund. Denn der Pensionär hat Großes vor. Am Sonntag, 2. August, startet er mit dem Rad in Richtung Friedrichshafen am Bodensee. Soweit nichts Besonderes, werden Sie nun sagen, doch wenn man die 1 000 Kilometer Strecke mit einem NSU-Rad aus dem Jahr 1935 zurücklegen will, mit nur einem Gang und dazu noch einem alten Anhänger, dann sieht das schon anders aus.

Mehrere Kleidungskombinationen liegen schon bereit, ebenso zwei Brillen und eine Sonnenbrille im Stil der 30er Jahre. „Wenn dann muss auch alles passen“, gibt sich Frommhold ehrgeizig.

Die Idee für diese Tour kam ihm vor rund zwei Jahren. Es ist sein Geschenk an sich selbst zum Ausstieg aus dem Berufsleben. Da seine Schwester und Mutter in Friedrichshafen wohnen, war auch das Ziel schnell klar.

Rund zwei Wochen wird Jürgen Frommhold unterwegs sein, etwa 70 Kilometer am Tag zurückliegen. Doch nicht nur der sportlichen Herausforderung will sich Frommhold stellen, die Fahrt soll auch einem guten Zweck dienen. „Ich bin dabei eher zufällig auf den Verein Zornröschen aufmerksam geworden“, erzählt Frommhold. Über einen ehemaligen Kollegen kam der Kontakt zustande, der sich gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen einsetzt. „In einem persönlichen Gespräch mit Monika Schiffer vom Vorstand des Vereins habe ich erfahren, dass sie dringend auf Spenden angewiesen sind. Außerdem steht in diesem Jahr das 25-jährige Jubiläum auf dem Programm“, so Frommhold. Neben einer Spendendose wird er auch Luftballons mitnehmen, um auf den Verein aufmerksam zu machen.

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Frommhold wird sich auf seinen Zwischenstationen an Orten aufstellen, wo viele Menschen unterwegs sind. Um dem Auftreten noch mehr Wirkung zu verleihen, nimmt er auch eine alte Kamera mit. „Wenn man Fotos mit mir machen möchte, werde ich eine kleinen Spende erbitten.“ Die erste Station wird die Kölner Domplatte sein. Möglichkeiten der Übernachtung hat er für seine Tour bisher erst drei, alle anderen will er spontan suchen. Auch hier will er Spendengelder sammeln. „Das Geld, dass ich bei den Übernachtungen spare, geht sofort in den Spendentopf“, versichert der Nostalgiker. Für die Suche nach Unterkünften, hat er sich extra ein Schild gemacht: „Suche Übernachtungsmöglichkeit - Nichtraucher und Weintrinker“ ist darauf zu lesen.

Übrigens hat Frommhold noch einen zweiten echten Gladbacher mit auf der Tour dabei. Denn auch sein Fahrrad hat Gladbacher Geschichte. Nicht nur, dass er es aus erster Hand in Lürrip gekauft hat, das Rad wurde bei der Firma Lauth auf der Lüpertzender Straße gekauft. „Ich habe mittlerweile sogar den original Kaufvertrag“, sagt Frommhold stolz.

Die Rückreise tritt er schließlich nach ein paar Tagen Erholung mit der Bahn an. Das Rad holt er bei einem späteren Besuch mit dem Auto wieder ab.

Mit seinem Rad aus dem Jahr 1935 geht Jürgen Frommhold am 2. August auf die weiter Reise an den Bodensee - natürlich in zeitgemäßer Kleidung. Fotos: Hans-Peter Reichartz

(Report Anzeigenblatt)